Kaum ein Film hat dieses Jahr so sehr polarisiert wie Darren Aronofskys Mother! Hat ein Film unter diesen Voraussetzungen überhaupt Oscar-Chancen?
Kurzkritik zu Mother!
Es gibt zwei Arten von Menschen. Die einen feiern Darren Aronofskys verstörende Menschheits-Metapher als Meisterwerk, die anderen halten sie für den schlechtesten Film des Jahrhunderts. Das war zumindest mein Eindruck, nachdem ich einige Kritikermeinungen durchforstet habe. Für mich ist Mother! ein cineastisches Gummiband. Der Film ist zäh, zieht sich enorm in die Länge, steigert aber kontinuierlich seine Spannung. Kurz vor Schluss schnalzt ihn Darren Aronofsky uns mit voller Wucht ins Gesicht. Da mich die Kontroverse fast dazu zwingt, Haltung zu beziehen, schließe ich mich den Befürwortern an. Für mich ist Mother! eher ein Meisterwerk als eine Katastrophe. Kaum ein Film hat mich dieses Jahr so eiskalt erwischt und so sehr zum Nachdenken angeregt.
Die Handlung von Mother! möchte ich an dieser Stelle außen vor lassen, denn das entscheidende sind die mannigfaltigen Interpretations-Möglichkeiten. Als jemand, der sich seit Jahren nicht mehr mit der Bibel beschäftigt hat, sind die offensichtlichen Parallelen zur christlichen Schöpfungsgeschichte größtenteils an mir vorbeigegangen. Dafür sah ich in Mother! so viel mehr: Eine assymetrische Partnerschaft, bei der sich eine Frau ihrem undankbaren Mann masochistisch unterwirft. Oder auch eine Kritik an der Menschheit als Ganzes, wie sie die Natur schonunglos ausbeutet, ohne sich über die Folgen im Klaren zu sein. In erster Linie war Mother! für mich jedoch ein Porträt eines narzistischen Künstlers, der ständig neue Musen (ver)braucht, um seine Gier nach Inspiration zu befriedigen.
Man kann von Mother! halten, was man möchte. Der Film macht es einem schon ziemlich leicht, ihn zu hassen. Dieser Mut sollte jedoch belohnt werden, denn ohne Mother! wäre das Kinojahr 2017 ein kleines bisschen ärmer. Es wäre eine Schande, würden große Studios wie Paramount künftig überhaupt keine Experimente mehr eingehen, nur weil einige Kritiker ihren Spaß daran hatten, die künstlerische Vision eines renommierten Regisseurs mal so richtig schön durch den Dreck zu ziehen.
Bild: Mother! © Paramount Pictures Germany
Oscar-Chancen von Mother!
Mother! wird dieses Jahr keinen Oscar gewinnen. Da bin ich mir relativ sicher. Das Wahlsystem für den Besten Film bevorzugt Kandidaten, die einer breiten Masse gefallen. Mother! hingegen polarisierte wie kaum ein anderer Film dieses Jahr. Ein Rotten-Tomatoes-Score von 68 Prozent, sowie kürzlich vergebene Kritikerpreise zeigen, dass Darren Aronofsky die Fachpresse nicht voll überzeugen konnte.
Wenn der Psychothriller überhaupt Oscar-Chancen hat, dann mit Michelle Pfeiffer als Beste Nebendarstellerin. Kurz nach Erscheinen des Films galt sie als eine der Favoritinnen in dieser Kategorie. Mit drei Oscar-Nominierungen ohne einen einzigen Sieg, würden ihr viele Academy-Mitglieder sicher einen Goldjungen gönnen. Doch der Hype ist in letzter Zeit abgeflacht und es wird für Michelle Pfeiffer extrem eng. Einen Sieg kann ich mir aktuell nicht vorstellen. Wenn sie Glück hat, reicht es für eine Nominierung.
Natürlich muss ich an dieser Stelle auch auf Jennifer Lawrence eingehen. Keine andere Schauspielerin war in den letzten Jahren so präsent bei den Oscars wie sie. Naja…außer Meryl Streep. Blicken wir nur auf die letzten sieben Verleihungen, zieht Jennifer Lawrence mit der Grande Dame der Oscars gleich: Beide haben in diesem Zeitraum jeweils einen Sieg und zwei weitere Nominierungen in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin vorzuweisen. Dazu kommt jeweils noch eine Nennung als Beste Nebendarstellerin. Mit Mother! legt Jennifer Lawrence eine Tour de Force hin, wie noch nie zuvor in ihrer Karriere, während sich die Kamera dabei nur um sie dreht. Dennoch ist die Konkurrenz in diesem Jahr verdammt stark. Es wird wohl nicht für Lawrence reichen. Denn anders als ihre Konkurrentinnen Sally Hawkins, Saoirse Ronan oder eben Meryl Streep geht sie mit einem extrem kontroversen Film ins Rennen.