Oscar 2018 Bester Dokumentarfilm | Augenblicke: Gesichter einer Reise

Oscar 2018 Bester Dokumentarfilm – Das sind die Nominierten

Nur noch wenige Wochen bis zu den Oscars 2018. Hier findet ihr alle Nominierten in der Kategorie Bester Dokumentarfilm, mit Trailern, Informationen zur Handlung und den jeweiligen Oscar-Chancen.

In der Nacht von Sonntag, dem 04.03.2018, auf den darauffolgenden Montag findet die 90. Oscar-Verleihung statt. In 24 Kategorien ehrt die Academy of Motion Picture Arts and Sciences die besten Filme und Filmschaffenden des Jahres. Die Nominierten stehen schon fest. Bis zur großen Gala Anfang März ist also noch ausreichend Zeit, sich mit den einzelnen Kandidaten und deren Oscar-Chancen zu befassen. In den kommenden Wochen möchte ich euch die verschiedenen Kategorien und deren Nominierte vorstellen. Außerdem versuche ich bereits eine grobe Prognose abzugeben, welche der Wettbewerber am ehesten einen Goldjungen mit nach Hause nehmen.

Auch wenn Dokumentationen rein regeltechnisch für die Wahl zum Besten Film zugelassen wären, hat es in der 90-jährigen Oscar-Geschichte noch keine einzige zu einer Nominierung geschafft. Das ist aber gar nicht so schlimm, denn mit der Kategorie Bester Dokumentarfilm bekamen die Macher nicht-fiktiver Werke schon ab 1943 die Chance bei den Academy Awards mitzumischen. Auch im vergangenen Jahr gab es wieder einige packende Geschichten zu bestaunen, die nicht aus der Feder eines Drehbuchautoren, sondern aus dem echten Leben stammen. Von der Weltwirtschaftskrise über Doping, Rassismus und Krieg bis hin zu einer ganz besonderen Reise zweier Ausnahmekünstler behandeln die Oscar-Favoriten 2018 unterschiedlichste Themen. Hier ist sicher für jeden etwas Interessantes dabei.

Unten findet ihr die Nominierten für den Oscar 2018 in der Kategorie Bester Dokumentarfilm mit Trailern, Informationen zur Handlung und meiner jeweiligen Oscar-Einschätzung.

Oscar 2018 Bester Dokumentarfilm – Die Nominierten

Abacus: Small Enough to Jail

Abacus: Small Enough to Jail zeigt die Weltwirtschaftskrise von 2008 aus einer ungewohnten Perspektive. Obwohl damals unzählige Banken für den Einbruch der Finanzmärkte verantwortlich waren, galten die meisten als „too big to fail“, als zu groß und zu wichtig, um sie zusätzlich zu bestrafen. Doch nicht alle Kreditinstitute hatten das Glück, ungestraft davonzukommen. Abacus war ein Familienbetrieb im Herzen Chinatowns in Manhattan und nur auf Platz 2531 der größten US-Banken. Als einzige Finanzinstitution überhaupt, musste sie sich in Folge der Wirtschaftskrise vor Gericht verantworten. Abacus: Small Enough to Jail dokumentiert den Kampf der chinesischen Familie gegen die Justiz.

Als Dokumentation über eine der größten globalen Krisen des 21. Jahrhunderts besitzt Abacus: Small Enough to Jail eine unglaubliche Relevanz. Gerade in den USA, in der die Krise ihren Anfang nahm, waren die Auswirkungen dramatisch. Dazu kommt der aufregend inszenierte Kampf David gegen Goliath und sogar das Thema des institutionellen Rassimus wird aufgegriffen, in dem es ausgerechnet eine chinesische Familie ist, die als Sündenbock herhalten muss. Gut möglich, dass diese Kombination den Film zum Oscar-Sieger macht.

Augenblicke: Gesichter einer Reise

Der große Favorit auf den Oscar in der Kategorie Bester Dokumentarfilm dürfte Augenblicke: Gesichter einer Reise sein. Die 89-jährige Filmemacherin Agnès Varda, die erst letztes Jahr einen Ehrenoscar für ihr Lebenswerk erhielt, und der 34-jährige Fotograf JR (Juste Ridicule) ziehen durch französische Dörfer und tapezieren Häuserfassaden mit riesigen Porträts von Menschen, die sie auf ihrer Reise treffen. Der Film begleitet die beiden Künstler bei ihrem Trip und bietet neben einigen humorvollen Momenten auch einen Einblick in deren kreative Gedankenwelt.

Augenblicke: Gesichter einer Reise sticht allein schon dadurch hervor, dass es der einzige Film im Wettbewerb ist, der eine optimistische Grundstimmung erzeugt. Alle anderen handeln von Krieg, Gewalt und großen Skandalen. Doch nicht nur deswegen halte ich die Roadtrip-Doku für den Top-Favoriten. Im Vorfeld der Oscars hat diese mit Abstand am meisten Preise abgeräumt, unter anderem das Goldene Auge bei den Filmfestspielen in Cannes und den Preis für den Besten Dokumentarfilm von der Los Angeles Film Critics Association. Der Ehrenoscar zeigt außerdem, dass Agnès Varda einen äußert guten Ruf in der Academy innehält.

Die letzten Männer von Aleppo

Die letzten Männer von Aleppo begleitet die Syrer Khaled und Mahmoud bei ihrem ehrenamtlichen Engagement in Aleppo, welches sich unter russischem und syrischen Bombardements befindet. Sie gehören den Weißhelmen an, einer Organisation, die verletzte Zivilisten aus Trümmern birgt und erste Hilfe leistet. Der Dokumentarfilm von Feras Fayyad zeigt sowohl den harten Alltag der Freiwilligen, als auch einige kuriose Momente. So kommt es zu einem spontanen Fußballspiel oder den Bau eines Fischteichs inmitten des Krieges. Für mehr Informationen lest meine ausführliche Kritik zu Die letzten Männer von Aleppo.

Die Reportage über den Syrien-Konflikt ist wohl der Film in dieser Kategorie, welcher den Zuschauer emotional am härtesten trifft. Auch die Liste an Auszeichnungen, darunter der Critics‘ Choice Award für den Innovativsten Dokumentarfilm, kann sich sehen lassen. Die letzten Männer von Aleppo ist mit Sicherheit ein Kandidat mit Oscar-Chancen. Ob es letztendlich für den Sieg reicht, ist dennoch schwer zu sagen.

Ikarus

Eigentlich wollte Bryan Fogel nur ein persönliches Experiment auf Video bannen, als sein Dokumentarfilm plötzlich eine unerwartete Wendung nimmt. Als leidenschaftlicher Radfahrer nahm Fogel schon öfter an Amateur-Radrennen teil, mit beachtlichem Erfolg. Dennoch schien es ihm, als würde eine Gruppe an Sportlern auf einem deutlich höheren Niveau fahren als der gesamte Rest. Um seinen Doping-Verdacht zu bestätigen, will er seinen Körper nun mit verbotenen Substanzen ans Limit bringen. Der einzige Mediziner, welcher ihm bei diesem Vorhaben unterstützt, ist Dr. Grigory Rodchenkov, Direktor des russischen Anti-Doping-Zentrums. Während die beiden an ihrer Strategie für das kommende Rennen arbeiten, entspinnt sich im Hintergrund ein gigantischer Doping-Skandal. Ausgerechnet Dr. Rodchenkov gerät als Hauptverdächtiger ins Visier der Medien und der russischen Regierung.

Ikarus ist eine Dokumentation, die als experimenteller Selbstversuch beginnt und als politischer Thriller endet. Solch ein Film kommt nicht alle Tage zustande und ich glaube fest daran, dass er bei der Wahl zum Oscar eine große Zahl an Stimmen für sich gewinnen kann. Dennoch ist es kaum möglich vorherzusagen, wer schließlich als Sieger hervorgeht. Bei so vielen hochqualititativen Teilnehmern entscheidet letzten Endes der persönliche Geschmack. Ob sich die Academy-Mitglieder mehr für den russischen Doping-Skandal, die Weltwirtschaftskrise oder den Syrien-Konflikt interessieren, wage ich nicht zu beurteilen.

Strong Island

In Strong Island geht es um den Tod von William Ford Jr. Der junge Afroamerikaner hatte einen Unfall mit einem weißen Kfz-Mechaniker. Einige Tage später kommt es zu einer Auseinandersetzung, bei der dieser zur Waffe greift und Ford erschießt. Filmemacher Yance Ford, der zum damaligen Zeitpunkt noch Lauren hieß und ein Mädchen war, schildert den Vorfall aus seiner Sicht und möchte das Urteil der Justiz entkräften, die in der Tötung ihres Bruders keinen Mord, sondern Notwehr sah.

Auch wenn der Film von einem afroamerikanischen Transmann gemacht wurde und damit gleich zwei Minderheiten bedient, kann und will ich Strong Island nicht als Oscar-Favoriten akzeptieren. Eine Dokumentation sollte ein Mindestmaß an Objektivität beinhalten und in erster Linie informieren, um dem Zuschauer die Möglichkeit zu bieten, sich eine eigene Meinung zu bilden. Strong Island kann das nicht. Hier berichtet Regisseur Yance Ford über den gewaltsamen Tod seines Bruders und interviewt dafür die eigenen Familienmitglieder.

Nun wäre diese subjektive Sichtweise nicht allzu tragisch, würde Strong Island diese nicht als ultimative Wahrheit verkaufen und den Zuschauer derart emotional manipulieren. Ich möchte Yance Ford nichts unterstellen. Jeder hat seine eigene Art mit Schicksalschlägen umzugehen und Trauer zu verarbeiten. Doch die Art und Weise, wie der Regisseur den Tod seines Bruders zur Selbstdarstellung nutzt, wirkte auf mich als Zuschauer höchst pietätlos und der wichtigen Thematik gegenüber unangebracht. Entschuldigt diesen kleinen Ausbruch, aber ich musste meine Meinung zu dem Film einfach mal loswerden.

Ich könnte keine positive Eigenschaft nennen, die Strong Island für einen Oscar qualifiziert. Daher sehe ich ihn als Schlusslicht unter den fünf Kandidaten . Allerdings kann ich mich auch irren, denn schon die Nominierung habe ich bis heute nicht verstanden.

Bild: Augenblicke: Gesichter einer Reise © Madman Films

Oscar 2018 Bester Dokumentarfilm – Wer ist euer Favorit?

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